Rübengeistern mit der Runkelrübe
Im alemannischen Kulturraum gibt es bereits seit Jahrhunderten den so genannten Rübengeisterbrauch, der insbesondere in Süddeutschland, der Schweiz und dem westlichen Österreich zuhause ist. Dabei wird in eine ausgehöhlte Runkelrübe ein Gesicht geschnitzt und von innen durch eine Kerze beleuchtet. Die Kinder ziehen dabei mit ihren ausgehöhlten und leuchteten Runkelrüben durch die Gassen, singend und heischend.Zu den bekanntesten noch praktizierten Bräuchen mit Runkelrüben gehört unter anderem der Riabagoaschterumzug in Göllsdorf bei Rottweil. Dort ziehen bereits wieder seit 1956 anlässlich des Riabagoaschterumzugs die Menschen durch den Ort, wobei die Riabagoaschter auf Stangen befestigt und durch die Straßen getragen werden. Passend dazu wird das Riabagoaschterlied gesungen, das der heimische Mundartdichter Egon Rieble verfasste. Ganz in der Nähe ziehen im Rahmen des Kilbesingen in Schramberg Kinder Ende Oktober mit Laternen und Rübengeistern durch die Straßen. Mit Kilbesingen versuchen sie dabei ein paar Süßigkeiten oder auch Obst zu erheischen. In Mundelfingen bei Hüfingen fand erstmals im Jahr 2012 das Mundelfinger Runkelfest statt, das an die traditionelle Zucker- bzw. Futterrübe und das dazugehörige Brauchtum erinnern soll.
Der Unterschied zwischen dem Rübengeistern und dem mittlerweile überall beherrschenden Halloween ist, das beim Rübengeistern Kinder in die Runkelrübe unheimliche Fratzen ritzen, um mit ihnen von Haus zu Haus zu ziehen. Dahinter verbirgt sich ein Heischebrauch, um Gaben zu erbitten. Natürlich sammelten Kinder einst Schmalz, Mehl und Eier - wichtige Nahrungsmittel, die damals im Alltag der Familien fehlten. Später kamen Süßigkeiten oder süßes Gebäck dazu. Auch werden beim Rübengeistern nicht die Mächte der Finsternis mit gruseligen, blutigen, ekeligen oder schaurigen Kostümen beschworen, sondern beim Rübengeistern tragen Kinder keine Verkleidung, denn das gemeinsame Singen bzw. Aufsagen der Lieder und Heischesprüche steht im Vordergrund. Oft gehört auch eine gemeinsame Wanderung im Dunkeln zu markanten Orten von Kindern und deren Familie dazu, wie z.B. auf eine aussichtsreiche Anhöhe oder zu einer alten Burg mit gemütlichem Lagerfeuer.
Wer heute den heimischen Brauch praktizieren möchte, steht allerdings vor einem kleinen Problem. Die Runkelrübe wird fast nicht mehr angebaut. Der Arbeitsaufwand beim Anpflanzen und der Weiterverwertung lohnt sich für die meisten Landwirte nicht mehr. Statt geschnitzelten Futterrüben gibt es mittlerweile für die Tiere im Herbst andere Sachen zu futtern. Zudem ist das Schnitzen von Runkelrüben etwas schwieriger als das eines Kürbisses. Dafür sieht die Runkelrübe aber um ein Vielfaches gruseliger aus, da sie von Natur aus mehr Ecken und Kanten aufweisen kann. Das Handwerk des Schnitzens von Futterrüben kann man dennoch unter anderem im Herbst in den regionalen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg erlernen. Dazu gehören unter anderem das Freilichtmuseum Beuren, das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck und das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof.
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