Kinzigen und die alten Hohlwege der Region
Im Alemannischen sind Kinzigen tiefe künstliche Einschnitte in den weichen Löss, die durch jahrhundertelange wirtschaftliche Nutzung des Menschen durch Erosion entstanden. Der Name der Kinzig steht ebenso für eine Vielzahl von Flüssen mit gleichem oder ähnlichem Namen.Vielerorts wurde mittlerweile das alemannische Wort "Kinzig" in den letzten Jahrzehnten durch Hohlweg ersetzt. Hohlwege finden sich in Südbaden vor allem am Kaiserstuhl, am Tuniberg und in den landwirtschaftlich genutzten Vorbergen des Schwarzwaldes, wie z.B. im Markgräflerland oder der Ortenau. An den steilen Lösswänden der Hohlwege findet man heute eine eigene typische Flora und Fauna. Die Besiedelung von Pflanzen und Tieren der Hohlgassen speziell am Kaiserstuhl gehört zu den vielfältigsten Südbadens. In den siebziger Jahren gingen im Rahmen der "Rebflurbereinigung" des Kaiserstuhls und anderer Gegenden die meisten der ursprünglichen Hohlwege unwiederbringlich verloren. Auch der Einsatz von schweren Maschinen beschleunigte den Erosionsvorgang im 20. Jahrhundert erheblich. Nur wenige von ihnen konnten als schützenswert eingestuft und erhalten werden. Sie sind einmalige Naturdenkmale, stehen deshalb heute unter besonderem Schutz und gehören inzwischen zu den touristischen Attraktionen des Kaiserstuhls.
Das Kinzigtal in der Ortenau ist kein Hohlweg, denn hier hat die Natur über die Jahrtausende gearbeitet. Das Tal führt in ostwestlicher Richtung fast durch den gesamten Schwarzwald, weshalb hier schon zur Zeit der Kelten und später der Römer eine der wichtigsten Fernstraßen über den Schwarzwald bestand. Die Römerstraße führte von Straßburg (Argentorate) nach Rottweil (Arae Flaviae) und wurde zur Zeit des römischen Kaiser Vespasian in den Jahren 73/74 n. Chr. gebaut . Die mit Kastellen bewehrte Straße diente der Sicherung der neu besetzten Gebiete rechts des Rheins und als Abkürzung vom Rhein zur oberen Donau. Zeugnisse römischer Besiedelung finden sich u. a. in Offenburg, in Rammersweier, in Schwalbach, Gengenbach, Haslach im Kinzigtal, Wolfach und in Schenkenzell. Urkundlich erschien das Tal erstmals als "Kinzichental" im 13. Jahrhundert
Das Wort Kinzig selbst stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus der keltischen Sprache und wird heute meist als "schluchtartiger Hohlweg" übersetzt. Die Herkunft des Wortes konnte bisher nicht mit Sicherheit einem keltischen Grundwort zugeordnet werden. Lange Zeit wurde in Publikationen der Namen aus dem Keltischen mit "Weg" übersetzt. Auch eine präindoeuropäische Namensdeutung mit "von den Höhen herab" wird in Erwägung gezogen. Interessant ist stets der Blick in die noch lebendigen keltischen Sprachen, wo Ähnlichkeiten zu Schottisch-Gälisch "cadha" für steiler, abschüssiger Pass, bretonisch "hent" für Weg oder Walisisch "ceunant" für Schlucht bestehen. Besonderes Intensiv beschäftigt sich seit Jahren der Historische Verein Schiltach-Schenkenzell mit diesem Thema und veröffentlichte dazu zahlreiche Erklärungsansätze für die Herkunft des Namens Kinzig im Kontext der südwestdeutschen Besiedelungsgeschichte.
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