Ein Mailänder Tor im Hochschwarzwald
Die Stadt Mailand ist nicht nur eine beutende Wirtschafts- und Kulturmetropole in Norditalien, sie ist zugleich die Hauptstadt der Lombardei und blickt auf eine fast dreitausendjährige Geschichte zurück. Im 4. Jahrhundert v. Chr. anstelle einer Etruskersiedlung von Kelten neu gegründet, wurde Mailand während der Völkerwanderungszeit von Hunnen, Ostgoten und Langobarden erobert. Im Jahr 1162 wurde die Stadt durch Kaiser Friedrich I. zerstört. Seit 1499 von Franzosen und Habsburgern immer wieder umkämpft, kam die Stadt erst im Verlauf des italienischen Freiheitskampfs nach dem Züricher Frieden 1859 an Italien.Mailand ist heute nicht nur bekannt für seine historisch bedeutsame Bauwerke und vielfältigen Kunstschätze. Unter Fußballfans ist die norditalienische Stadt seit Jahrzehnten ein Begriff. Der Nationalstürmer Karl-Heinz Rummenigge spielte von 1984 bis 1987 für den italienischen Fußballverein Inter Mailand und Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Andreas Brehme zauberten von 1988 bis 1992 für die "Nerazzurri" in der lombardischen Hauptstadt. Die deutsche Achse bei Inter Mailand trug maßgeblich zum Gewinn der Fußballweltmeisterschaft 1990 bei.
Löffingen, an einer früheren Fernhandelsstraße über den Schwarzwald gelegen, ist ein beliebtes Ausflugsziel am Übergang von Hochschwarzwald zur hügeligen und fruchtbaren Landschaft der Baar. Das mittelalterliche Marktstädtchen lädt ein zum Bummeln rund um den pittoresken Marktplatz mit Rathaus in seiner Mitte und dem Mailänder Tor. Das Tor diente seit dem Mittelalter als Durchlass durch die Stadtmauer und ist seit dem 16. Jahrhundert belegt. Doch was haben die Löffinger im Schwarzwald mit der norditalienischen Metropole Mailand zu schaffen, dass ein Tor danach benannt ist?
Die Antwort lautet: nichts. Der Name Mailänder Tor entwickelte sich vermutlich aus dem alemannischen Wort "maie" für mähen oder dem Monatsname "Maie" für Mai. Die fruchtbaren Wiesen und Felder vor den Toren Löffingens standen im Frühjahr in volle Blüte und die erste ersehnte Heuernte wurde durch das Stadttor eingefahren. Das Verb entwickelte sich aus dem Germanischen über das Altdeutsche "maen" zur heutigen Form "mähen" für "Gras hauen".
Das Wort "Maie" für den Monat Mai wurde abgeleitet römischen Monat "mensis maius". In seiner älteren Form "Maie" im alemannischsprachigen Kulturraum findet er sich in Pflanzen wie dem "Maieglöckle", Tieren wie dem "Maiekäfer", Brauchtum wie beim "Maie" für Maibaum, im "Maihafe" für Blumentopf und ist auch in so mancher Bauernregel wiederzufinden. Johann Peter Hebel widmete dem Mai in seinem alemannischen Gedicht "Sonntagsfrühe" die Zeilen: "Wie weiht e frische Maieluft, voll Chriesi-Bluest und Schleeche-Duft!" und "Wie pranget nit im Garteland der Chriesibaum im Maiegwand".
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